Versöhnliches Ende

Es läuft gut über die “Rolling Hills”, so beschreiben wir Tourenfahrer angenehme Strecken mit etwas Profil. In der Rancheria verdrücke ich einen grossen Burger mit knusprigen Pommes. Gestärkt steige ich wieder auf meinen Drahtesel und trete in die Pedale. Der Alaska Highway zeigt sich auf seinen letzten Kilometern von seiner besten Seite. Das Wetter ist perfekt und so fahre ich in den Sonnenuntergang.

Verrückte Radfahrer

Kurz vor Watson Lake kommen mir Adela und Rick (www.biketheworld.pl) auf ihren Rädern entgegen. Sie sind seit fünf Jahren unterwegs. Die letzten Drei auf den Strassen, die ich bereisen will. Logisch, verlieren wir uns in den schönsten Geschichten, die nur eine Radtour schreiben kann. Die unzähligen Autos, welche an uns vorbei rauschen, nehmen wir kaum wahr. Die Zwei wollen noch weitere fünf Jahre den rest der Welt bereisen, bevor es nach Hause geht. Wir tauschen unsere Kontaktdetails aus und wünschen einander nur das Beste.

Ruhestätte in Watson Lake

Die Einfahrt in Watson Lake erlebe ich bei strahlendem Sonnenschein und das Thermometer steht bei 32 Grad. Ich steuere auf die Touristen Information zu, diese steht in einem Wald, der anderen Art. Der Zeitpunkt ist gekommen, um den Inhalt des Karton unter meinem Rackpack zu enthüllen. Ich werde geblendet vom reflektierten Sonnenlicht. Es dauert einen Moment bis sich meine Pupillen verkleinern. Das Bild wird langsam scharf und ich lese den Schriftzug “Solothurn”. Das Stadtschild, welches mir grosszügiger Weise von der Stadtpolizei zur Verfügung gestellt wurde, ist an seinem Bestimmungsort angekommen. Über die 2’500 Kilometer, von Inuvik bis hier hin, hat es mich treu begleitet.

Erst jetzt fällt mir auf, dass es noch keine Bohrungen aufweist. Zum Glück treffe ich in der Garage gegenüber auf hilfsbereite Mechaniker. Eine kurze Widmung geht mir leicht von der Hand, diese überziehe ich mit einer schützenden Schicht Klebeband. Hammer und Nägel werden von der Touristen Information zur Verfügung gestellt. Jetzt liegt es an mir, einen würdigen Platz für seinen Ruhestand zu finden. Das ist leichter gesagt als getan, denn um die 80’000 Schilder hangen schon im Sign Post Forest. Es wird gescherzt, dass dies wohl die grösste Sammlung an entwendetem Staatseigentum weltweit ist. Auf der Suche nach der verdienten Ruhestätte, entdecke ich das Schild der Stadt Grenchen, wie es etwas traurig am Boden liegt. Viele Schilder lassen mich ob ihres Anblicks in Erinnerungen schwelgen, da ich die Ortschaften auf meiner Probetour nach München passiert habe. Kaum zu glauben, dass seither nur etwas mehr als zwei Monate vergangen sind.

Nach über einer Stunde des Staunen und Grinsen, finde ich den Sonnenplatz für meine Wahlheimat. Doch wie bringe ich das Schild bloss auf einer höhe von 3 Meter an? Die Mechaniker grinsen amüsiert und nicken als ich auf deren Leiter zu marschiere. Kurze Zeit später stehe ich auf der Leiter, eine Hand hält das Schild, die andere umschliesst den Schaft des Hammers. Es fehlen mir zwei Hände, eine um den Nagel zu halten und eine um am Pfosten festzuhalten. Nicht ganz SUVA konform, aber irgendwie vollbringe ich das Kunststück. Mit Como glaube ich auch einen netten Nachbarn gefunden zu haben.

Watson Lake hat neben dem Sign Post Forest nicht allzu viel zu bieten. Den Rest des Tages verbringe ich damit meine Wäsche zu waschen und mich über die bevorstehende Reise auf dem Highway 37 zu informieren. Auf dem Sportplatz hinter der Highschool finde ich mein Plätzchen für die Nacht, schliesslich sind Sommerferien.

Good Bye Yukon

Die Zeit vergeht wie im Fluge. Bei der Junction 37 werde ich von Angela, der Kioskdame, auf einen Kaffee eingeladen. Ich plaudere mit ihr über meine wundervollen Erfahrungen im Yukon. Es überwiegen die Begegnungen mit den unterschiedlichsten Leuten. Viele davon haben mich eingeladen mit ihnen zu Essen, zu Trinken oder sogar einen Platz zum Schlafen angeboten. Sie stimmt in das Loblied auf die Yukoners mit ein, sie selbst ist ursprünglich aus dem Süden Kanadas.

Weiter geht es auf dem nächsten Highway. Der Highway 37, auch Stewart/Cassiar genannt, führt mich Richtung Süden. Nach wenigen Kilometern stosse ich an die Grenzen des Yukon. Es ist lustig, wie eine solch belanglose Grenze mich zum Reflektieren bewegt. Ich nehme viele tolle Erinnerungen mit und hoffe hier wieder einmal Gastrecht zu kriegen. Ein Schild heisst mich in der Provinz British Columbia willkommen. Ich finde der Slogan “The best place on earth” ist etwas dick aufgetragen, vor allem wenn ich an die Vorlage des Yukons denke. Nun, ich lasse mich gerne überraschen.

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