Weiter geht meine Fahrt in Richtung Westen, zuerst auf der Tagish Road und dann einmal mehr auf dem Alaska Highway. Alles scheint etwas unspektakulär, nach den Eindrücken der letzten Tage. Doch ich habe einiges Glück was mein Timing angeht. In Teslin wird aktuell “Há kus Teyea" gefeiert. Ein dreitägiges Festival der First Nation Clans aus der Region. Ich spute mich um es vor Sonnenuntergang nach Teslin zu schaffen. Ziemlich genau mit Einbruch der Dunkelheit fahre ich auf das Areal des Kulturzentrums. Es scheint als ob ich der einzige Tourist bin. Dies stört mich nicht im geringsten. Schnell stelle ich mein Zelt auf und bin dankbar für den Truck mit der mobilen Dusche. Rund um mein Zelt wird rund um Lagerfeuer Gitarre gespielt und gesungen, doch davon kriege ich nur wenig mit und falle in einen tiefen Schlaf.

Der Tag startet mit einem guten Portion Pfannkuchen zum Frühstück. Ab dem Mittag gehen die Festivitäten los. Es werden viele Rituale abgehalten, welche einem strengen Protokoll folgen. Neben den Darbietungen von Tanz, Gesang und anderen Kunstformen gibt es Podiumsgespräche und einige Kurse. Ich bin begeistert vom Angebot und schreibe mich fürs Lachs Räuchern ein.

Leider ist die Population an Chinook Lachs im See nicht mehr allzu gross, so wird der Lachs von einem befreundeten Clan, den Taku River Tlingit, eingeflogen. Die Boxen gefüllt mit riesigen Fischen werden vom Wasserflugzeug entladen und am Strand aufgereiht. Es wird gesungen um der Natur und den Göttern für die Speisen zu danken. Eine Älteste erinnert an da Opfer der Teslin Tlingit, welche seit 15 Jahren auf das Fischen verzichtet. Sie hofft, dass eines Tages die Kinder des Clans wieder Fischcamps erleben dürfen. Sie nimmt einen Lachs und legt ihn respektvoll ins Wasser. Der Umgang mit der Natur und auch untereinander ist beeindruckend.

Wir schleppen die Kisten hoch zum Räucherhaus und legen Lachs auf Eis. Nach kurzer Anweisung werden die scharfen Filetiermesser ausgeteilt. Nach den ersten zwei kann ich einigermassen mit den Erfahreneren mithalten und so schlimm sehen meine auch nicht aus. Wir schneiden die Lachse so, dass die zwei Filets an der Schwanzflosse verbunden bleiben. So können wir sie einfach über die vorbereiteten Äste legen. Der Holzofen scheint mir sehr klein, doch das bisschen Rauch scheint schon auszureichen. Leider wird der Lachs erst am nächsten Tag zum Festmahl serviert. Daher bin ich schon jetzt am überlegen, ob ich nicht einfach einen Tag länger bleibe. Für das Festessen des ersten Tages bereiten die Carcross Tlingit Schaf vom Grill zu. Das abendliche Mahl ist gratis, genauso wie das Campieren, so ist es ein Einfaches mich für einen zusätzlichen Tag zu entscheiden.

Beim Morgenessen lerne ich Sebastian kennen, der sich am Há Kus Teyea fürs Holzschnitzen begeistern lässt. Nach dem Festival wird er auf eine mehrtägige Kayak Tour gehen. Die Hauptattraktion des heutigen Tages ist das Kanurennen. Alle versammeln sich am Strand und unterstützen ihren Clan. Es herrscht Volksfeststimmung und alle lassen sich mitreissen.

Die Darbietungen auf der Hauptbühne vor dem Abendessen, ziehen sich etwas in die Länge. Vor einigen Jahren muss ein Vorfall an einem Fest für einen Zwist zwischen zwei Clans gesorgt haben. In einer traditionellen Zeremonie wird vom lokalen Clan um Verzeihung gebeten. Die Ältesten entschuldigen ihren Clan. Vor dem Anführer der betroffenen Gruppe werden zahlreiche Gaben ausgelegt. Im entscheidenden Moment scheint der ganze Saal den Atem anzuhalten. Die Erleichterung ist bei vielen sichtbar, als er die Gaben akzeptiert und die Situation endlich bereinigt ist. Es soll schon einige, erfolglose Anläufe gegeben haben, um die Sache aus der Welt zu schaffen. Es ist eindrücklich und ergreifend, mit einem gemeinsamen Lied wird der Zwist beigelegt. Dann ist es endlich soweit und der Lachs wird angerichtet. Ich verschlinge die erste Portion im Nu. Nun gedulde ich mich, bis alle anderen auch was hatten, bevor ich meinen Nachschlag hole.

Es fällt mir schwer wieder aufzubrechen und das letzte Festessen, an dem Moose serviert wird, auszulassen. Eine Brücke führt mich aus Teslin heraus an den Fuss eines Hügels. Im Anstieg treffe ich John und Bettina. Wir tauschen unsere Erfahrungen und Tipps aus. Ich spitze meine Ohren, als Bettina von ihren Erlebnissen in Washington und Oregon erzählt. Ein Stück weiter, treffe ich eine Gruppe Studenten aus Texas. Sie sind in Austin gestartet und sammeln auf ihrer Fahrt nach Anchorage Geld für die Krebsforschung. (Texas4000.org) Dank den Begleitfahrzeugen reisen sie sehr leicht und legen respektable Distanzen zurück.

Ich wache früh auf. Der Boden ist durchnässt, es hat offensichtlich die ganze Nacht geregnet. Das Aussenzelt ist patschnass, was meine Motivation zum Packen nicht gerade steigert. Ich schüttle etwas vom Regenwasser ab, verkrieche mich wieder im Zelt und vertiefe mich ins Buch mit den Geschichten von Jack London. Die Hoffnung besteht, dass in einer Stunde alles trocken ist. Es wird nichts daraus, es setzt erneut Regen ein. Ich versuche mich selbst davon zu überzeugen, dass es besser ist, jetzt und hier im Regen den Rückstand meines Blogs aufzuarbeiten. Es klappt nur teilweise, ich kann den Drang weiterzukommen nicht ganz abstellen. Beim Schreiben meines Blogs, versuche ich den bisherigen Verlauf meiner Reise im Kopf durchzugehen. Ich bekunde Mühe mich an alle Schlafstellen zu erinnern. Dies ist ein deutliches Zeichen dafür, dass ich schon eine Weile unterwegs bin. Es ist abends um 19 Uhr, als ich endlich meine Hufe schwinge. Das Wetter spielt weiter verrückt, dadurch lasse ich mich aber nicht davon abbringen meine Kilometer abzuspulen.

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