Der Ort

Kaum bin ich in Dawson City angekommen, stürme ich den Supermarkt und suche mir etwas zu essen. Im Nu verschlinge ich ein halbes Brot und eine Packung Frischkäse. Schliesslich ist es schwierig mit knurrendem Magen gute Entscheidungen zu treffen. Für die ersten zwei Nächte schlage ich mein Zelt auf dem Campingplatz vom Dawson River Hostel auf. Ein bunter Ort mit einfachen Annehmlichkeiten in einer sehr entspannten Atmosphäre. Das Hostel liegt in West Dawson mit einer herrlichen Aussicht über den Yukon River auf die Front Street von Dawson. Die Fähre setzt einem zu jeder Tages- und Nachtzeit über. Die meisten Gebäude der Stadt sind geschützt und will man neu bauen muss man strenge Vorschriften einhalten. Auf diese Weise wird garantiert, dass der Charme aus den Zeiten des Goldrauschs erhalten bleibt. Tagsüber wirkt Dawson City etwas verschlafen, nur die Scharen von riesigen Campingbussen mit einem Geländewagen im Schlepptau stören die Ruhe. Abends erwacht der Ort. Die Einwohner und Touristen feiern zusammen im Pit oder gambeln im Casino und lassen sich nebenbei von einer Can-Can Show berauschen.

Die Leute

Jedermann ist willkommen in Dawson City, dies merke ich gleich. Nur wenige hundert Leute bleiben den Winter durch in der Stadt. Dies ist verständlich, wenn man die Abgeschiedenheit und Bedingungen bedenkt. Die meisten Einwohner mit denen ich spreche sind vor einige Jahren in Dawson City stecken geblieben und stammen aus allen Ecken Kanadas. Nach der Einsamkeit auf dem Dempster Highway geniesse ich es mich unter die Leute zu mischen. Am Lagerfeuer fragt Luke im Hilfe mit seinem Bike. Im Handumdrehen behebe ich seine Probleme mit der Scheibenbremse, dafür werde ich zu einem Bier eingeladen. Er arbeitet in Fairbanks, Alaska als Geologe und beurteilt potentielle Standorte für Goldminen nach deren Wirtschaftlichkeit. Am späteren Abend versuchen wir unser Glück in Diamond Tooth Gertie’s Casino. Mit einer Glückssträhne beim Blackjack finanziere ich uns einen gelungenen Abend. Am Ende landen wir im Pit und feiern mit Tommy aus dem Tombstone Park und seinen Freunden Saint Jean Baptiste. Beim Feiern treffe ich weitere Leute, die gleichzeitig auf dem Tombstone Campground waren.

Die Mine

Über die Warmshowers Webseite schreibe ich David Miller an, der darauf einen Platz zum Schlafen anbietet. Unkompliziert, wie es halt sein soll, lädt er mich auf ein Bier ein und erzählt mir ein wenig aus seinem Goldkästchen. Erst jetzt wird mir mein Glück bewusst. David lebt mit seinem Sohn, dessen Familie und zwei Mitarbeitern auf einer Mine, die zwanzig Minuten ausserhalb von Dawson liegt. Für zwei Nächte darf ich in eine Hütte mein eigen nennen. Die einfachsten Einrichtungen, wie zum Beispiel eine Dusche kommen mir wie der größte Luxus vor. Die Millar Familie betreibt diese Mine in der zweiten Generation und offensichtlich lohnt es sich nach wie vor. David arbeitet 5 Monate im Jahr und je nachdem wie gut der Sommer lief macht er mehr oder weniger luxuriöse Ferien den Winter durch. Neben den Erträgen aus der Mine kommen Einkünfte, wahrscheinlich mehr als er zugeben will, von den geführten Touren über seine Claims. Ich komme in den Genuss, einer Tour gratis beiwohnen zu dürfen. Erfahre dabei einiges über die im Permafrost gefundenen Mammutknochen, die Geschichte der Goldgräber und wie es heute praktiziert wird. Zum Schluss darf ich mich im Gold Panning versuchen und in der Tat finde ich einigen Goldstaub. Solltet ihr mal in der Gegend sein, lasst euch die Tour nicht entgehen: www.goldbottom.com

Erika arbeitet für David und betreut in erster Linie die Hütten, welche normalerweise vermietet werden. Ab und zu steht Sie auch hinter der Wasserkanone, um den angetauten Permafrost wegzuspülen. Am Abend erzählt sie mir bei einem Bier, dass sie als 68er auch die andere Seite des Wasserwerfers kennt. Es ist eine weitere Begegnung der sehr interessanten und sympathischen Art mit der Deutschen, die kurz davor ist den kanadische Pass zu erhalten. Am zweiten Abend auf der Mine sitzen wir alle bei einem Barbecue zusammen, als ein Hagelsturm uns in eine Hütte verbannt. Ich sehe die Hagelkörner so gross wie Haselnüsse und bin dankbar, dass mein Zelt sicher verstaut ist.

Dawson’s Charme

Zurück in der Stadt lädt mich Dany, ein Freund von Tommy, ein bei ihm im Garten zu campen. Da mich noch einige Dinge beschäftigen, welche ich vor dem Trip erledigen wollte, nehme ich das Angebot dankend an. Zwischen den Arbeiten für zu Hause gönne ich mir immer wieder etwas Abwechslung. Dawson hat dafür einiges zu bieten. Das Dawson City Museum wartet mit spannenden Artefakten auf, unter anderem einige Lokomotiven. Diese waren für den Transport von Waren gedacht, aber nicht wirklich für die steilen Strecken geeignet. Im Jack London Museum erfahre ich mehr über das ereignisreiche Leben des Barden. Seine Ich lasse mir die Gelegenheit nicht entgehen und schnappe mir ein Buch mit einigen seiner Geschichten über das Leben im hohen Norden. Das Kulturzentrum der Tr’ondhek Hwech’in deckt unerbittlich die Geschichte zwischen dem weissen Mann und der First Nations auf. Im Gespräch mit einigen First Nations bekomme ich den Eindruck, dass die Vergangenheit abgeschlossen ist und mit der Regierung eine Übereinkunft gefunden wurde. Dies gilt zumindest für diese Region. Die Ausnahme ist der aktuelle Versuch der Regierung First Nation Gebiete für Rohstoffplünderung zu öffnen. Die Stimmung nehme ich als vorsichtig optimistisch wahr.

Eine Zehe im Shot

Wer mag kann sich im Downtown Hotel ein Zertifikat ergattern für den ”Sour Toe Cocktail”. Für 5 Dollars extra zu einem Shot mit über 40% kriegt man einen menschliche Zehen ins Glas. Die erste Zehe sei einem Musher beim Yukon Quest, dem wohl berühmtesten Hundeschlittenrennen der Welt, abgefrohren. Sicher ist er keimfrei bei all den Shots die er gesehen hat. Naja, ich kann trotzdem nichts damit anfangen und lasse den anderen den Vortritt.

Job oder Gehen?

Ich bin bereits sechs Tage in Dawson City, einige Einwohner kennen mich bereits mit Namen. Da bekomme ich schon das erste Jobangebot. Unglaublich, so einfach kann es sein in Dawson City stecken zu bleiben. Dawson City gefällt mir immer besser, doch mit meinem Traum im Hinterkopf und der fortgeschrittenen Arbeit, bin ich bereit bald die Strasse nach Alaska in Angriff zu nehmen. Am Sonntag, den 28. Juni, realisiere ich, dass es mehr Sinn macht für den Canada Day (1. Juli) in Dawson und für den Independence Day in Chicken, Alaska zu sein. So ist klar ich werde am 2. Juli wieder losfahren. Am Abend gehen Dany, Tommy und ich ins Gertie’s um die Mitternachtsshow zu sehen, da treffe ich auf Alexandra aus Inuvik. Klar löchert sie mich mit Fragen zu der Fahrt auf dem Dempster Highway.

Dany besitzt ein Stück Land und eine einfache Cabin in West Dawson. Neben mir zelten sechs seiner Freunde auf seinem Grundstück. Diese arbeiten und bleiben den ganzen Sommer in der Stadt. An einem Abend gibt es Hähnchen au Gregoire, das ganze Vieh gebraten am Lagerfeuer. Jeder trägt etwas bei, ich meinerseits die Kartoffeln nach Wielandscher Art. Lecker!!!

Canada Day

Der Tag startet gemütlich und ist nach gratis Essen geplant. Wir schaffen es pünktlich um die Mittagszeit zum gratis Barbecue in die Stadt. Danach bleibt genug Zeit für eine warme Dusche und die Wäsche auf einen Campingplatz, bevor es im Visitor Center gratis Kuchen gibt. Die Ausstellung im First Nations Center hallt in meinem Kopf immer noch nach, sodass ich dorthin zurückkehre und mehr erfahren will. Diesmal lese ich mich tiefer in die Heilmedizin und Verwendung der Pflanzenwelt ein. Eine Kostprobe vom Tee aufgegossen mit Knospen der Weissfichte lasse ich mir nicht entgehen. Am Abend steigt die Party im Pit mit einer zusammengewürfelten Band aus lokalen Künstlern. Zum wiederholten Mal begegne ich Hana, sie wartet auf ihr Arbeitsvisum. Eigentlich wäre sie in Whitehorse, aber sie meint Dawson City hätte es ihr wahrlich angetan. Ich bin gespannt wie viele Male ich diversen Leuten noch begegnen werde. Wir feiern bis morgens um zwei Uhr die Musik aus und das Licht angeht. Doch bevor wir die Bar verlassen, stimmen alle noch “Oh Canada” an und animieren auch die Touristen inklusive mir zum Mitjaulen (Haltet euch die Ohren zu!!). Besser kann ich mich nicht von der Stadt verabschieden. Die Zeit in Dawson City wird mir wahrlich in guter Erinnerung bleiben, geprägt von den freundlichsten Leuten, guten Partys und reich an Kultur.

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